Videobeschreibung
Hypermobilität wird oft bewundert. „Du bist ja so beweglich“ hört man oft.
Tatsächlich ist es aber gar nicht einfach, mit hypermobilen Gelenken eine funktionale Bewegung zu erreichen. In diesem kleinen Tutorial berichte ich über meine eigenen Erfahrungen und was mir geholfen hat, meine Hypermobilität zu kontrollieren.
Transkript des Videos
Hallo, mein Name ist Natascha Eyber, ich bin Ausbilderin für BASI® Pilates. Ich freue mich heute hier wieder in Dortmund zu sein. Und ich wurde mehrfach angesprochen, was ich denke zum Thema Hypermobilität, wie damit umgehen. Alles, was ich jetzt erzähle, basiert auf meinen eigenen Erfahrungen. Aber das kann sich natürlich jeder selbst, wir haben alle als Lehrer unterschiedliche Erfahrungen mit dem Thema und alles was ich tun kann ist heute meine Erfahrung teilen aus meinem eigenen Körper, weil ich bin hypermobil, aber eben auch aus dem Umgang mit den Kundinnen und Kunden im Studio. Zunächst mal ist Hypermobilität eine Bindegewebsschwäche, die eigentlich meist angeboren ist. Wir haben, das tolle bei Pilates ist, dass wir tiefe Muskulatur und große Muskulatur miteinander ausbalancieren. Andere Sportarten, die viel große Muskulatur erfordern, machen eigentlich die Gelenke eher fest. Große Muskulatur schließt die Gelenke zu. Macht fest!
Die tiefe Muskulatur ermöglicht den Gelenken einen höheren Bewegungsradius und deswegen achten wir beim Pilates darauf, dass wir die tiefe Muskulatur, unsere stabilisierende Muskulatur mit der großen, mit der bewegenden Muskulatur in Einklang bringen und ausbalancieren. Und viele unserer Teilnehmerinnen und Teilnehmer fühlen sich nach einer Pilates-Klasse beweglicher, einfach weil sie da eine bessere Balance hergestellt haben. Wir müssen gar nicht mal groß gedehnt haben, aber wir sehen diesen Fortschritt, wir sehen diese erhöhte Beweglichkeit, die wir bei unseren Teilnehmerinnen und Teilnehmern in den Stunden beobachten nach einer gewissen Zeit und die das eben auch mitteilen. Hat nichts mit der Muskulatur zu tun, sondern ist tatsächlich in den Faszien, in den Bändern zu Hause und im Bindegewebe. Und das ist eine übermäßige Beweglichkeit der Gelenke. Und ich kann es mal kurz an mir zeigen. Wir sagen eigentlich, die Extension des Ellenbogens sollte null sein, in der anatomischen Stellung und dann eben auch in der Extension nicht darüber hinaus.
Ich gehe, mein Körper ermöglicht es mir zu überstrecken, also in die Hyper-Extension reinzugehen. Das sieht man ganz deutlich, vor allen Dingen an meinen Armen, aber eben auch an meinen Beinen. die Nullstellung. Man sagt so bis zu 5, manche Literatur sagt 10 Grad von der Knieextension über die Nullstellung hinaus ist noch normal, aber mein Knie hat definitiv mehr als 10 Grad. Ich kann das richtig, ich möchte eigentlich gar nicht mehr, aber ich tue es jetzt hier noch mal, dass man das einfach sieht, wie so eine Hyperextension des Knies aussieht. Was tut es? Es drückt die Kniescheibe ins Kniegelenk rein und gleichzeitig habe ich gar keine muskuläre Unterstützung mehr. Ich kann die hintere Oberschenkelmuskulatur, unsere Muskulatur oder einfacher Hamstrings gesagt, gar nicht mehr aktivieren. Ich hänge regelrecht in meinem Knie einfach drin und das gleiche passiert eben bei den Armen auch und das sehen wir halt viel, wenn wir in die Stützposition gehen, dass unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer plötzlich eben in dieser Hyperextension drin sind. Ich kann es nochmal hier zeigen.
Ja, und es dann verlieren, spätestens wenn wir unter Gewichtsbelastung dann sind im Front Support. Das ist hier manchmal noch unter Kontrolle und verschwindet dann, wenn wir in den Stütz gehen und das ist fatal, weil das Gelenk muskulär nicht mehr gestützt ist. Das heißt, es muss angesprochen werden. Wir müssen arbeiten an einer Ko-Kontraktion der Muskulatur. Was heißt Ko-Kontraktion? Das heißt, dass der Agonist, also der Hauptakteur und der Antagonist, der Gegenspieler gemeinsam arbeiten, um ein Gelenk zu stabilisieren. Ich habe hier den Quadrizeps und ich habe die Hamstrings und beide müssen aktiv sein, um dieses Bein zu stabilisieren. Und wenn ich überstreckte Knie habe, dann muss ich einen Ticken mehr von den Hamstrings reinbringen, um das Kniegelenk wieder zu stabilisieren. Wenn ich mit den Armen arbeite, dann brauche ich einfach ein bisschen mehr Bizeps hier, um das Gelenk aus der Überstreckung in die Nullstellung zurückzubringen.
Und da muss ich einfach die ganze Zeit dran denken. Und bei Hypermobilität, ich weiß es wie gesagt aus eigener Erfahrung, ein guter Kollege hat mal zu mir gesagt, Hypermobilität ist nicht nur im Körper, sondern auch im Kopf. Und was er damit meinte, ist tatsächlich die fehlende Wahrnehmung dessen. Wir spüren das nicht. Es ist ganz schwierig für uns festzustellen, was ist gerade. Und Leute, die, man ist nicht immer in allen Gelenken hypermobil, also ich bin zum Beispiel in der Wirbelsäule nicht hypermobil, aber ich kenne Kolleginnen, die eine große Hypermobilität der Wirbelsäule haben und zum Beispiel bei Rotation oder so, denen fehlt das Gefühl, denen fehlt die Wahrnehmung, wo das Muskulär noch gestützt ist. Sie können einfach darüber hinausgehen und weiterdrehen und wissen oft gar nicht, wo da die Grenze ist. Wo ist es noch gestützt? Wo ist es nicht mehr gestützt?
Und da muss man einfach permanent daran erinnern. Immer wieder, immer wieder an der Wahrnehmung arbeiten, immer wieder zurück und sagen, nein, noch mal ein bisschen mehr Bizeps, noch mal ein bisschen mehr Hamstrings, noch mal ein bisschen mehr schräge Bauchmuskulatur. So lange, bis es irgendwann verankert ist und in unserem Computer hier oben eingebrannt ist, dass wir das dann als gerade empfinden. Bei mir ist es so, ich habe jetzt sehr lange sehr viel daran gearbeitet und wenn ich aufrecht stehe und mich ausrichte, dann weiß ich einfach, dass das hier meine Position ist und ich stehe nicht mehr so, sondern ich stehe einfach gerade. Ich lote mich hier an der Schwerkraft aus und ich habe es jetzt eingespeichert. Und wenn mich jemand bittet in die Hyper-Extension zu gehen, dann mag ich das gar nicht mehr so sehr. Aber es war viel Erinnerung, es war viel Korrektur und immer, immer wieder.
Das andere, was man oft gefragt wird in der Mattenklasse, weil es geht darum, dass man sagt, wenn wir sagen, streck die Beine und jemand mit einer Hyper-Mobilität hebt sofort die Fersen einfach ab. Aber das ist eben nicht funktional. Das ist nicht das, was wir brauchen. Wenn wir dann sagen, bringen die Beine zum Boden, die Fersen zum Boden, sagt ihr, ja, aber dann strecke ich ja meine Knie nicht.
Weil das ist unsere Empfindung tatsächlich, dass wir das als ein krummes Bein empfinden. Aber das hier drückt eben genau die Kniescheibe zu weit nach hinten und ist auch nicht sehr gesund fürs Kniegelenk. Was ich da mache ist, dass ich einfach sage, beug die Knie, sitz schön gerade und aufrecht und dann halt den Kontakt zum Boden und versuch, die Beine da lang zu machen. Und den Quadrizeps hier hoch zu ziehen, das hilft definitiv auch, ja, weil dann habe ich das Gefühl, die Kniescheibe nach oben zu ziehen, anstatt durchzudrücken. Wenn wir am Gerät sind, am Reformer zum Beispiel, da ist es im Footwork sehr präsent. Die Leute, wir sagen, wir strecken die Beine im Footwork, wir strecken beide Beine. Was wir meinen, ist wirklich, wir kommen in die Nullstellung. Wir stapeln Oberschenkel und Unterschenkel übereinander. Und ein hypermobiler Mensch hat da oft gar kein Gefühl und weil für ihn gestreckt ist die Hypermobilität und dann merkt man so, dass der Schlitten so ein bisschen zurückkommt und der sackt richtig durch und stoppt, die Bewegung stoppt für einen Moment.
Das ist wie so eine Vollbremsung und dann ist zu viel. Also man muss wirklich versuchen, dass hier die Hamstrings diemganze Zeit aktiv sind und zu keinem Zeitpunkt eben loslassen und dann die Knie wieder beugen und wieder strecken bis zur Nullstellung und beugen. In der Hüftarbeit bei den Frogs und bei den Circles hat man eben auch das Problem, dass der hypermobile Körpertyp die Beine streckt und dann die Fersen so auseinander driften, weil eben genau da dann kommen die Knie zusammen und die Fersen gehen auseinander. Was macht man da? Man versucht auch die Fersen in Kontakt zu halten und wirklich hier über die Adduktoren zu arbeiten und versuchen eine Streckung zu erzielen, bis wenn die Fersen geschlossen sind.
Manchmal muss man ein bisschen Kompromisse machen, aber da ist man nicht unter Gewichtsbelastung. Ich persönlich würde unter Gewichtsbelastung gar keine Kompromisse machen, aber in der offenen Kette mit unter gar keiner Belastung eigentlich, mit ein bisschen von dem Seilzug, vom Federwiderstand, kann man dann schon mal erlauben, die Fersen ein bisschen auseinander driften zu lassen, um einfach dann die Wahrnehmung zu wecken, wenn es sehr stark ist, weil dann wird es schwierig, weil die Leute bringen die Fersen gar nicht zusammen. Also da ist dann unser Fingerspitzengefühl gefragt, unser Feingefühl gefragt, aber Ziel ist einfach die Nullstellung, sowohl von Knie als auch Ellenbogen. Und bei der Wirbelsäule ist das Ziel, dass die Wirbelsäule in der Extension, aber auch in der Flexion gibt es Hypermobilität, immer gestützt ist durch unsere Muskulatur. Und da ist manchmal weniger Radius schwieriger.
Wenn ich jemanden habe, der eine sehr, sehr, sehr große Mobilität in der Wirbelsäule hat, in Extension, ist manchmal einfach nur zu sagen, heb Kopf und Oberkörper und lass die unteren Rippen auf der Matte, ist viel schwieriger für denjenigen, als in die volle Mobilität zu gehen. Ich bin immer ein Fan von dem maximalen Bewegungsradius, aber man muss immer gucken, wann ist es noch gestützt. dann gibt es eben diese Momente, wo man jemanden kräftigen kann in einer bisschen niedrigeren Position. Das gleiche gilt für die Flexion, dass man eben die Rückenmuskulatur drin hält, dass man eben nicht einfach nur nach vorne kollabiert und das alles nicht mehr gestützt ist. Und auch da ist manchmal weniger mehr. Ich wünsche euch viel Erfolg, ich hoffe es hat ein bisschen geholfen und ja bis zum nächsten Mal. Herzlichen Dank.
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